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Tabula Rasa - Installation im Künstlerhaus Hamburg 1980
Kartons, Tafellack, Graphit
1980
Museum Wiesbaden

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Pinselspuren
Pinsel / Tafellack auf entfaltetem Karton - 79,0 x 60,0 cm
Museum Wiesbaden
1979 - rücks.sign. u. dat.

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Tabula Rasa - Installation im Künstlerhaus Hamburg 1980
Graphit auf Tafellack auf entfaltetem Karton - 79,0 x 60,0 cm
Museum Wiesbaden
1979 - rücks.sign. u. dat.

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Tabula Rasa - Installation im Künstlerhaus Hamburg 1980
Graphit auf Tafellack auf entfaltetem Karton - 79,0 x 60,0 cm
Prof. Burkhard Meyer-Janson, Hamburg
1979

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Tabula Rasa, Buch
Buchdruck , Titel geprägt

Hamburg 1979, Auflage 100 Exemplare

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Tabula Rasa , Titelseite des Buches
Buchdruck , Titel geprägt

1979

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Tabula Rasa , Doppelseite aus dem Buch
Buchdruck , Titel geprägt

1979

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Rezept zur Nährung eines Wortes
Buchdruck , Titel geprägt

1980 - erschienen in "zweitschrift Nr.7", Hannover

Tabula rasa

1979

Der Name "tabula rasa" hing mir im Kopf, als ich eine Reihe von verwischten Bildern - mit Graphit auf Tafellack auf auseinandergefalteten Kartons, deren Geometrie mir gefiel - gemacht hatte. Da hab ich mich auf das Spiel eingelassen, im Lexikon nachzuschlagen, was denn dort als Bedeutung von "tabula rasa" angegeben sei. In Meyers Konservations-Lexikon von 1897. Ich folgte jeweils den Verweisen, die sich unter einem Stichwort fanden, wurde so von "tabula rasa" auf "Pugillares" geleitet, von dort zu vier weiteren Stellen: "Dupices (Diptyche)", "Triplices (Triptycha)", "Multiplices", "Stilus", von welchen Fundstellen die letzte am ergiebigsten war: zu "Charakter", "manier", "Rede" führte - woraufhin es von "Charakter" zu "Indeterrninismus", ,,Determinismus", "Naturell" und "Temperament" weiterging, von "Manier" zu "Charakter" zurück und weiter zu "Verzierungen", von "Rede" zu "Rhetorik", "Tropen" und "Figur". Kurz, nach 6, 7 Ableitungsstufen war man drin im Fluss der Begriffe, jetzt vermehrten sich die Verweisungen, gingen unversehens in die Hunderte. Ich legte Listen an, in denen streng nach der Reihenfolge ihres Vorkommens alle Stichworte notiert wurden. Es sind merkwürdige Wörter, auf die man bei dem pedantischen Befolgen der Lexikon Regeln gestoßen wird. Wörter, die einem nicht im Sinn liegen, die nicht unserem banalen Wortgebrauch angehören. Selbst wenn wir sie kennen, werden sie in der Listenzusammenstellung fremd. Es wäre möglich, aus den Wörterliste, zu denen man so von einem zufälligen Ansatz-Punkt aus gelangt, ein Panorama zu gewinnen, einen Rundblick auf den Bildungshorizont des bürgerlichen 19. Jahrhundert an dessen Ende zu werfen. Es ist ein schöner Zufall, dass von de Stichwort "tabula rasa" aus dieser Einstich in die vergangene Bildungswelt möglich ist. Das Stichwort wird zum Etikett, das unser Verhältnis zum Stoff erklärt: ausgewischt ist nicht spurlos weggenommen. Der Rückblick macht vielleicht die eine oder andere Spur in unserem Bewusstsein wieder erkennbar. Aus den Listen, die die Wort-Ableitung von "tabula rasa" verfolgen, habe ich ein Buch gemacht. Ein Lese-Sehbuch. Eins in bibliophiler Aufbereitung, altmodisch, quer zur gängigen Buchproduktion. Das verstärkt die Aufmerksamkeit, denke ich, auf die Wörter, die in ihm präsentiert werden. Wie Sachen, Einzelsachen, Tatsachen. Wenn sich in meinem Kopf etwas einlässt auf die Wörter, reizt es mich, die Wörter auch zu schreiben. Ich möchte das Wirkungsfeld dessen austasten, das ich in mir mit dem Wort verbindet. Unter der Hand hat jedes Wort Eigenleben. Das spürt man. Schreiben ist Zeichnen. Meine Listen vor Augen hab ich mir nach und nach die Wörter ausgesucht, die mich grad befielen, und sie in Kästen geschrieben. Jedes Wort für sich in einen Kasten. Auf den Boden, den ich schwarz grundiert hatte, stumpf schwarz; geschrieben mit dem Graphit-Stift, Schwarz auf Schwarz, tabula rasa, die Reflektion macht es sichtbar. Im Künstlerhaus Weidenallee in Hamburg hatte ich Gelegenheit, diese vielen Kartons auszubreiten Ich hab sie nebeneinander auf dem Boden zusammengeschoben. Wie Eisschollen. Eine Herde. Eine Struktur, in der das einzelne Element - das Wort in seinem Behältnis - untertaucht. Am Rande mag man noch lesen, im ganzen Feld sieht an nur die Menge. Das ist für mich auch eine Darstellung des Begriffs ,,tabula rasa".

(Auszug aus einem Faltblatt, vorgelegt zur Installation dieser Arbeit im Sprengel Museum Hannover 1981)

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